Achtsamkeit » Freundschaft

Verschiedenes bedürfen

Man erzählt, ein Hund und ein Pferd waren befreundet. Der Hund sparte dem Pferd die besten Knochen auf, und das Pferd legte dem Hund die duftigsten Heubündel vor, und so wollte jeder dem anderen das Liebste tun, und so wurde keiner von beiden satt.

Ernst Bloch - Spuren

Das Einmalige an einer Freundschaft ist weder die Hand, die sich einem entgegenstreckt, noch das freundliche Lächeln oder die angenehme Gesellschaft. Das Einmalige an ihr ist die geistige Inspiration, die man erhält, wenn man merkt, dass jemand an einen glaubt.

Ralph Waldo Emerson

Holy Angels
Claudia, von E.D.A.E.

Vielleicht waren ihre Ansprüche zu hoch,
oder sie war menschlichen Schwächen
gegenüber nicht nachsichtig genug,
jedenfalls endeten all ihre Versuche
Freundschaft zu schließen, stets mit
Fehlschlägen.




Quelle: Vernimm mein Flehen, Ann-Marie MacDonald

Freundschaft
wärmende Schwester
der versengenden Liebe
tröstend ist Dein Kuss
Freude schenkst Du, nicht Erregung
trägst uns über Schlaglöcher des Lebens
Freundschaft

Danke, Judith, für diese alles
sagenden knappen Worte.

Freundschaft bedarf kaum Worte
da ich sie eh' nehm wie sie ist, egal
ob sie mich schreckt oder beglückt.

Also.... Freundschaft darf, wie Liebe, schon auch mal weh tun, ohne daß sie gleich aufgegeben wird.

...und damit wären wir bei
"flüchten oder standhalten?" -
nicht nur in Freundschaft
und oder Liebe.

Die Frage geht ins Mark
und fordert, einerlei wann,
eine Antwort ein.

"Vom Glück, auf andere angewiesen zu sein"

Ein Aufsatz von Veronika Prüller-Jagenteufel:

"Die Erfahrung des Angewiesen-seins ist ein Grenzphänomen in unserer Gesellschaft geworden, hinausgedrängt an den Rand. Wer allzu sichtbar bedürftig ist, wird schon von den Blicken der anderen ausgegrenzt – die Bedürftigkeit ist irgendwie unheimlich. Zu ihrer Bekämpfung und Zähmung ist die Religion da – zur Hilfe für die materiell Bedürftigen und erst recht zur Bewältigung von Grenzerfahrungen wie Leiden und Tod. In der Mitte der Gesellschaft stehen dagegen die Kraftvollen, Erfolgreichen, Selbstbestimmten, Abgehärteten. Und wenn sie es einmal nicht mehr sind, darf es möglichst keiner sehen – getrauert, gegen Krankheit gekämpft, Hilfe gesucht, wird im Stillen, in der Abgeschiedenheit, im kleinen Kreis. Angewiesen-sein ist im Privaten schon unangenehm genug, es ist ganz sicher nichts für die Öffentlichkeit.

Dementsprechend bleibt das in öffentlichen Diskussionen vorherrschende Menschenbild das des autonomen und eigenständigen Menschen. Diesem Bild verdanken wir zwar viel positive Entwicklungen in der Moderne. Heute allerdings scheint mir diese Vorstellung gefährlich zu sein, denn sie gleicht dem zweifelhaften Idealbild eines voll flexiblen und allen Markterfordernissen anpassbaren Individuums. Die Bedürftigkeit nach anderen Menschen hat in diesem Bild kaum Platz.

Dabei könnte das Bild von den Menschen als aufeinander angewiesene Beziehungswesen den Rand in die Mitte bringen: Angewiesen-sein wäre dann kein Makel, sondern die Erfahrung von erfülltem Leben. Für eine Weltsicht der Bezogenheit wären nicht Konkurrenz und Gewinn oberste Maxime, sondern Zusammenleben und Sorge füreinander. Zum guten Leben gehört nicht nur die autonome Freiheit, sondern auch das Glück, auf andere angewiesen zu sein."

Was kostet es uns "Gesunden" zuzugeben, auf Andere angwiesen zu sein? Ich meine jetzt nicht, dauernd darauf aus zu sein, Streicheleinheiten zu kassieren, immer auf Lob und Bestätigung der Anderen aus zu sein. Wir leben nicht im "menschleeren" Raum sondern es ist völlig normal, sich dem Anderen zuzuwenden und dann auch Zuwendung zu erfahren. Die, die wirklich nicht mehr alleine können, die Alten, Kranken, Schwachen, Armen (es ließe sich fast unendlich fortsetzen) bedürfen unserer Zuwendung und die sollte ganz selbstverständlich sein, denn das, was wir verschenken, wird uns nur bereichern. Kein Mensch sollte um die Hilfe seines Nächsten betteln müssen, das demütigt nicht den, der bettelt sondern den, der die Not nicht bemerkt und geholfen hat.
Gruß
Judith

Eine hochzuschätzende Einstellung, Judith, die zu verbreiten ist, da selten.
Was heißt schon "gesund"?
Gesund an Geist und Körper? Ein hohes Gut und selten zu finden in allen seinen Abstufungen. Es sollte selbstverständlich sein, dem Schwächeren zu helfen. Doch worin besteht die Hilfe?
Zuwendung – und beim Kranken zusätzlich Medizin? Hier wird schnell der Ruf nach "professioneller Hilfe" laut. Sind Freunde und Angehörige überfordert, weil sie Gefühle und Verstand nicht koordinieren können, da die Emotionen sie erdrücken?
Soweit wollte ich mit dem Artikel von Prüller-Jagenteufel gar nicht fragen, denn das ist ein übergroßes Terrain und es kommt auch immer auf die individuelle Konstellation an.

Mir ging es mehr um die banalen Dinge des Alltags. Dem einen wichtig – für den anderen unwichtig.
Uns wird über Medien etc. suggeriert: brauchst Du etwas, dann kauf es Dir. Kannst Du es Dir leisten, dann bist du frei und unabhängig von anderen.
Etwas von dir geben, ohne den Wert zu taxieren, ohne gleich die Hand für eine Gegenleistung auf zu halten, wird dagegen gering geschätzt.
Oder – sehen wir einen bettelnden Menschen in der Fußgängerzone, verhindert "der soll arbeiten gehen" ohne Nachfrage, unser Almosen.
Eine schier endlose Aufzählung kann folgen – überrennt uns die Masse?
Nein – wir sollten uns nur um unsere Nächsten achtsam bekümmern. Oft reicht ein offener Blick, ein Lächeln, ein offenes Ohr. Machen wir uns damit abhängig oder gar verletzlich?

Es ging mir und den Nächsten... sicher habe ich es nicht deutlich genug herausgearbeitet. Aber es steht eindeutig da. Ich bin voll und ganz Deiner Meinung, Jee. Und wir machen uns damit abhängig und verletzlich, ist es nicht so? Sei´s drum, ich sehe keine andere Chance.
Gruß
Judith

Abhängig und verletzlich sein zu erkennen ist die Stärke, zu seinen Schwächen zu stehen und sie akzeptieren lernen.
Abhängigkeit sehe ich nicht als Knechtschaft, eher als lebenspflichtig – egal ob zu Menschen oder der Natur.
Verletzlichkeit ist auch empfindsam sein, feinfühlig und nicht nur ablehnend auf Druck oder Glück zu reagieren.
Und schlussendlich – kaum jemand beißt einen Hund, der sich verletzt zeigt, sagt der Volkmund.

Ja, diese Abhängigkeit ist keinesfalls Sklaverei sondern sich da hineinzubegeben ist ein freiwilliger Akt und drinnen zu bleiben und sich der Verletzlichkeit bewußt zu sein (und allerdings auch zu wissen, daß diese Verletzlichkeit sichtbar ist) macht eher stark als daß es schwächt.
Der Volksmundsatz klingt lustig und schlüssig zugleich.

[ Editiert von Judith7 am 21.12.05 13:46 ]

Eigentlich in den Bereich „Achtsamkeit- ZEN und EinsSein“ gehörend, schreibe ich dennoch hier als Beitrag zum Thema Freundschaft und Abhängigkeit:

Die Pratitya-Samutpada (das „Sich entfalten in gegenseitiger Abhängigkeit“), sehr eng mit der Vergänglichkeit verknüpft, beschreibt die von Buddha erkannten Impulse der Abhängigkeiten. Das „Rad des Lebens“ (oder auch „Rad des Karma“) beschreibt die ringförmige Struktur automatischer Muster, in der jedes Glied einer Gemeinschaft das nächste bedingt und von anderen bedingt wird.

Die zirkuläre Kette des „Rad des Lebens“ hat 12 Glieder (Nidanas):

Unwissenheit – löst Aktivitäten aus
Absichtsvolles Tun – lässt Bewusstsein entstehen
Bewusstsein – lässt Körper und Geist wachsen
psychophysischer Komplex – schafft Grundlagen für geistige Vorgänge
Sinne – schaffen Kontakt
Kontakt – lässt Gefühle entstehen
Empfindung/Gefühl – Begehren stellt sich ein
Gier – entgegennehmen von Angenehmem und Ablehnung von Unangenehmem
Ergreifen – Anhaftung im Werdeprozess auf Sachen und Sachlagen, die man begehrt und auch auf die Unzufriedenheit gegen etwas, das man loswerden möchte.
Werden - setzt die Entstehung neuer (Lebens)Muster in Bewegung
Geburt – im buddhistischen Sinne auch Wiedergeburt – ein neuer Zyklus beginnt.
Altern und Tod - Jedes Entstehen hat die Auflösung zur Folge