Achtsamkeit » Fragen?

"Dummes Kind fragt nicht -
Dummes Kind kriegt nichts!"

oder

"Tue nichts,
es geschieht alles von selbst!"

Abgeregt durch eine PM von Majuela
möchte ich die nicht leichte Frage
nach Fragen stellen und eröffne mit:


Sie fragen, wie machst du das?
Und wissen nicht,
dass es keine Antwort gibt.

Lieber Jürgen,

wenn Du vor dem Lesen meiner Nachricht auf-geregt warst, dann tut es gut, wenn Dich meine Gedanken ab-geregt haben.

Noch erfreulicher ist es natürlich, wenn hier ein kleiner Fehlerteufel sein Unwesen trieb und meine Zeilen an Dich Deine Gedanken an-geregt haben.

Dein Gedicht, auf das Du verweist, lese ich gerade das erste Mal.


Ich weiß es nicht

Sie sagen, du bist stark!
Und können nicht wissen,
dass es gelebte Schwäche ist.

Sie sagen, du bist in der Mitte!
Und wissen nicht,
wie oft die ausgefransten Ränder zerrten.

Sie sagen, du kennst die Liebe!
Und können nicht wissen,
dass sie aus Hass entsprang.

Sie fragen, wie machst du das?
Und wissen nicht,
dass es keine Antwort gibt.

© Juergen Kuehn

Der Kommentar von PeterD darunter beantwortet die Frage an sich:

Sie "sagen" zu viel und fragen zu wenig!?


Es gibt noch so viele schöne Gedanken hier zu entdecken. Vielleicht sollte ich in Zukunft beim Lesen strategischer vorgehen und versuchen, mir die Zeit aus dem Nacken zu reißen. Die Zeit, die da manchmal hockt, wie ein eitriges Geschwür.

Aber das führt nun wirklich zu weit. Denn die Zeit, oder das, was wir dafür halten, ist mindestens ein ebenso schier unerschöpfliches Thema wie die Frage nach der Frage.

Auf-, ab- und angeregt durch die Fragen wäre es schön, wenn wir vielleicht auch ein paar Minuten Zeit für die Zeit haben. Mal schaun, ich werde der „Zeit“ vielleicht gleich noch einen Augenblick in der „Achtsamkeit“ schenken. Vorausgesetzt, wir haben Zeit...

Der Gedankenanstoß zum Thema Fragen entstand wohl aus einer scheinbar erst unwichtigen Frage von mir, einer, die mit ihrer Beantwortung an Respektanz gewann. Eine Frage, deren Fragezeichen man nicht in die Abstellkammer stellen muss, wo es dann neben den vielen anderen verstaubt.

Ja, was wären wir ohne unsere Fragen, die Kleinen, die Großen, die Wichtigen und Unwichtigen. Aber wer ist „wir“? Ich sehe so viele Menschen, die keine Fragen mehr haben, Menschen, deren Gesichter leer sind.

Der, die, das... Wieso, weshalb, warum... Wer nicht fragt bleibt dumm...

In einer Biographie über Einstein las ich mal, dass seine Lehrer ihn als schwerfälligen, langsam denkenden Schüler einstuften, weil er alles hinterfragte. Einstein selbst behauptet von sich, dass er ohne seine kindliche Neugierde, die er sich bis ins hohe Alter bewahrte, niemals seine Sicht- und Denkweisen erlangt hätte. Wer nicht fragt bleibt dumm...?

Fragen ist aber nicht gleich fragen. Sie können gestellt werden aus Mißtrauen, aus Neid, aus Selbstsucht, aus Mutwille und Bosheit... Und man kann sie stellen aus Zuneigung, Respektanz, aus Liebe und Mitgefühl und aus immer währender kindlicher Neugierde...

Wann ist eine Frage „gut“ und wann ist sie „schlecht“?

In meiner Abstellkammer haben sich im Laufe meines Lebens einige Fragezeichen angesammelt. Große und kleine, krumme, dicke und dünne, welche mit einem Buckel und manche mit einem Punkt auf der Nase.

Manchmal – ganz selten nur – öffne ich zaghaft mein kleines Kämmerlein, sehe die Fragezeichen Spinnweben umwoben kreuz und quer stehen, manche schon leicht verblasst, andere noch groß und stark und dann flüstere leise (weil ich sie nicht wecken will): Ihr steht ja immer noch da...

Jetzt muss ich erst einmal laut lachen, Majuela,
und überlege mir angeregt, ob ich abgeregt überhaupt
noch Fragen habe...

Wie mit allen anderen Dingen ist es auch mit Fragen.

„Let it touch you“

Fragen von Menschen, die ich kenne und mag, sind immer gut.

Eine Frage ist für mich auch gut, wenn sie mich berührt und
ich mich um eine Antwort mühen muss.

Eine Frage ist für mich gut, wenn ich sie auch hätte stellen
können, mich aber bisher nicht gewagt habe, danach zu fragen.

Eine Frage ist für mich schlecht, wenn ich weiß, dass es keine
Antwort darauf gibt.

Und ganz schlecht sind Fragen, die mir Zeit stehlen.

[ Editiert von Administrator Jee am 08.01.07 17:10 ]

Bei manchen Fragen weiß ich nicht, ob es keine Antwort gibt oder ob ich noch nicht weit genug vorgedrungen oder gereift bin, um eine zu finden.

Fragen, die mir Zeit stehlen, kenne ich nicht, es sei denn, es sind "Scheinfragen", um mich aufs Glatteis zu führen oder solche, die aus Profilierungssucht gestellt wurden.

Genau die Schein- oder scheinheiligen Fragen sind
es, Judith, die Zeit stehlen, die unter Zurückhaltung
von Fakten gestellt werden, um den anderen aufs
Glatteis zu führen.

Hmmm... Wieso tun Menschen das? Wieso stellen manche Menschen Fragen wie Fallen? Welche Art Befriedigung erleben sie darin?

Ganz schlecht sind Fragen, die Dir die Zeit stehlen sagst Du Jee. So geht es mir auch sehr oft. Dann, wenn ich merke, dass ich Zeit in eine eigentlich sinnlose Beantwortung einer Frage investiere.

Da fragt mich einer: „Wie geht es Dir?“ und kaum antworte ich, schaut er auf seine Armbanduhr, als wolle er mir das neueste Modell, das er erworben hat, zeigen und wundert sich noch nicht einmal, dass ich nach der langen Zeit, die er mich kennt, noch immer keine Uhr am Arm mit mir herum trage.

Ein anderer wieder fragt nach dem Befinden, um die Antwort alsbald zu unterbrechen und von seinem eigenen Befindlichkeiten zu erzählen.

Dann die Fragen, die einem gestellt werden mit dem Ziel, den anderen „auszuhorchen“, bis sich der richtige Moment bietet, das Messer in den Rücken zu stechen.

Schein-heilige Fragen?

Ich stelle heute noch viele Fragen – sehe heute noch oft die Welt mit Kinderaugen. Aber ich frage nie mit dem Ziel, einem anderen Menschen zu schaden. Immer in der Absicht, die Dinge für mich abzurunden. Und manchmal auch, um die Menschen besser verstehen zu können.

Mach es mit den unsinnigen, zeitraubenden und manchmal verletzenden Fragen doch so wie ich, Jee. Stell sie in die Abstellkammer, schau ruhig immer mal wieder nach ihnen – aber weck sie nicht auf.

Oder pflanz sie im Wald - im Wald der Fragezeichen.
Dort, wo die Antworten wachsen...

Zitat

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Gepostet von Majuela
Hmmm... Wieso tun Menschen das? Wieso stellen manche Menschen Fragen wie Fallen? Welche Art Befriedigung erleben sie darin?

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Eines der boshaftesten Bedürfnisse – oder besser Begierden
von Lebewesen ist, Macht über andere zum eigenen Nutzen
ausüben zu wollen.
Und da sind boshafte, scheinheilige, sogar rhetorische Fragen
ein Mittel zum Zweck. Die wohl bekannteste Frage „Wollt ihr
den totalen Krieg?“ als (überzeichnetes) Beispiel.

Da ist die Frage „Wie geht es Dir?“ (wenn es nicht interessiert)
noch recht belanglos.
Es ist aber auch die Antwort zu sehen, die eine belanglose Frage
auffrischen kann und in einen Dialog münden lassen könnte.

Deinen Vorschlag der Abstellkammer kann ich nicht aufnehmen,
Majuela, weil meine voll ist und ich diese Fragen auch nicht
im Haus lagern will. Und der Wald wäre mir dafür einfach zu schade.

Ich mache es etwas anders inzwischen. Auf meinem täglichen
Heimweg komme ich an einem großen Müllcontainer vorbei. Da
lade ich in Gedanken meinen gesamten Tagesmüll ab und gehe
zufrieden in den Abend. Zu Beginn blieb immer wieder Gedankenmüll
zurück, da ich mich zur gesamten Entsorgung nicht entschließen
konnte. Das besserte sich aber mit zunehmender Übung –
jedoch nicht ganz…

Ich stelle immer wieder fest, wie gut es ist, Rituale zu haben, um z. B. den Kopf frei zu kriegen und zu bestimmten Zeiten Platz für Neues zu schaffen. Auch Rituale wollen eingeübt sein. Danke Jee für diesen Tip und danke für die Offenheit.
Seid gegrüßt
von J.

Beim Lesen im Forum merkte ich gerade, dass Ausrufezeichen oftmals eine ähnliche Wirkung auf mich ausüben, wie Fragezeichen. Fragen, die eigentlich desinteresiert, oder gar hinterlistig gestellt sind, oder auch Aussagen, die an Stärke mit dem entsprechenden Zeichen gewinnen (sollen).

Ausgelöst hat meinen Gedankengang die Frage von Caja an Sabine (noch unregistriert), ob sie nicht – im Sinne von Ver Sacrum – dieses Board auf einer eigenen Autorenseite „erobern“ möchte. Sabines Antwort war unter anderem, das Erobern wäre nicht so ihr Ding und endete mit dem Satz „Ich weiß es noch nicht!“

Was mit einem herzlichen Gruß endete, löste bei mir einen Gedankengang aus. Ausrufezeichen bedeuten für mich oftmals die Aussage, keinen Widerspruch zu dulden.

Ähnlich, wie in Jürgens o.a. Gedicht:

Sie sagen, du bist stark!
Und können nicht wissen,
dass es gelebte Schwäche ist.

Sie sagen, du bist in der Mitte!
Und wissen nicht,
wie oft die ausgefransten Ränder zerrten.

Sie sagen, du kennst die Liebe!
Und können nicht wissen,
dass sie aus Hass entsprang.

Das Ausrufezeichen bekräftigt die Aussage, ohne zu wissen, was dahinter steckt. Widerspruch zwecklos...

Dann die Frage, af die es keine Antwort gibt:

Sie fragen, wie machst du das?
Und wissen nicht,
dass es keine Antwort gibt.

Ausrufezeichen versuche ich möglichst selten zu verwenden. Sie bedeuten für mich so eine Art Macht, die keinen Widerspruch duldet.

Das ging mir gerade so durch den Kopf beim Lesen....